Auf dem Buchmarkt herrscht ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb, denn Konkurrenz und Titelflut sind gewaltig. Über 100.000 Neuerscheinungen drängen jährlich auf den deutschsprachigen Buchmarkt. Diese Zahl macht deutlich, dass zu einer erfolgreichen Buch-PR mehr nötig ist, als Rezensionsexemplare an Journalisten zu versenden. Buch-PR kann ein wirksames Instrument sein, um einen Titel aus der Masse herauszuheben und – im besten Fall – bis auf die Bestsellerlisten bringen. Dieser Beitrag gibt daher einen Einblick in die PR-Arbeitspraxis im Fach- und Sachbuchverlag.
Verlags-PR kann mehr!
PR kann das Image des Verlags formen, stützen und ausbauen. Mittels PR kann der Verlag bereits Themen besetzen, lange bevor ein Buch dazu erschienen ist. Buchverlage sind beliebte Ansprechpartner für Medien, wenn es um die Vermittlung von Experten für ein Thema geht. Doch Verlags-PR kann noch mehr! Sie schafft und festigt die Bindungen zu Autoren, Lesern, zum Buchhandel und zu Journalisten. Denn nur über diese Wege gelingt der Verkaufserfolg, geht es auf die Bestsellerlisten oder zum Top-Verkaufsrang im Buchhandel.
Das Repertoire der Pressearbeit in einem Buchverlag ist vielfältig und beinhaltet weit mehr als nur die reine Buch- oder Produkt-PR. Die Bandbreite umfasst die gesamte interne und externe Kommunikation des Unternehmens.
PR-Disziplinen im Buchverlag
• Die Buch-PR ist Produkt-PR: Das Buch soll wahrgenommen, der Autor berühmt (Autoren-PR) und der Absatz gesteigert werden.
• Unternehmens-PR: Ziel der Verlags-PR ist es, das Unternehmen und sein Programm in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Anlass für Unternehmens-PR in einem Buchverlag ist etwa ein Firmenjubiläum, eine neue Buchreihe oder ein Personalwechsel.
• Interne Kommunikation: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden regelmäßig über aktuelle Themen (Eventtermine, Medienberichte zu Büchern, Autoren und Verlag, Unternehmenszahlen, interne News etc.) informiert.
• Eventmanagement: Dazu zählen etwa die Organisation und Betreuung von Buchpräsentationen und Lesungen, Diskussionsabenden, Messeauftritten, Pressekonferenzen, Verlags- oder Autorenfesten.
• Online-PR und Social Media-Marketing: Das jüngste Fachgebiet geht von der inhaltlichen Betreuung der Unternehmenshomepage über die verlagseigenen Social Media Seiten bis hin zu Buchblogs und Online-Medienbeobachtung.
Fachbuch-PR: Nischengruppen erreichen
Für Fachbuchverlage ist es wichtig, als kompetenter Experte für ein Thema wahrgenommen zu werden. Für die PR-Experten lautet die Aufgabe deshalb, den Verlag als Herausgeber für diese Fachthemen in Fachkreisen und Medien regelmäßig in Erinnerung zu rufen.
Viele Fachbücher sind hochpreisig und haben eine kleine Druckauflage. Der Versand von Rezensionsexemplaren an Journalisten, Blogger und Experten muss deshalb gut geplant werden und sparsam dosiert sein. Es ist wichtig, seine Experten und Multiplikatoren für ein Thema zu kennen – am besten persönlich!
Beim Fachbuch soll durch die PR-Maßnahmen meist eine klare, eingeschränkte Zielgruppe erreicht werden, etwa Mediziner, Anwälte oder Wirtschaftsprüfer. Oftmals geschieht das eher außerhalb des klassischen Buchhandels. Das Augenmerk in der Pressearbeit liegt weniger auf großen Publikumsmedien, sondern auf Special Interest-Medien, wie Fachmagazinen, Blogs, Newslettern oder Events. Die passende PR-Maßnahme zu einem Buchtitel ergibt sich aus der Frage, auf wessen Empfehlung der Kunde hört. Gibt es ein bestimmtes Fachmedium oder passende Lehrveranstaltungen? Auch der Verlagsauftritt auf Events mit Fachpublikum kann dazu gehören; oder die Organisation eines Diskussionsabends zu einem neuen Thema für Kunden und Multiplikatoren. Eine erprobte PR-Maßnahme sind Gastbeiträge der Autoren in Fachmedien. Viele Fachverlage verlegen auch selbst Fachzeitschriften für ihr Publikum. Diese sollten man bei der PR als Instrument für Buchtipps und Fachartikel nicht außer Acht lassen.
Sachbuch-PR: Themen und Experten kommunizieren
Bei der Auswahl ihrer Neuerscheinungen durchleuchten Sachbuchverlage das Buchthema genau; so gut wie jedes Thema wurde schließlich schon einmal behandelt, ein neuer Ansatz, ein besonderer Aufhänger ist daher wesentlich. Auch potenzielle Autoren prüft der Verlag immer auch auf ihre Kompetenz, das Buch bekannt zu machen. Mit dem Schreiben des Manuskripts ist für die Autorin oder den Autor die Arbeit also noch lange nicht getan. Bücher, deren Autoren sich nach Erscheinen gemeinsam mit der PR-Stelle des Verlags auch um die PR kümmern, sind am erfolgreichsten.
Genau genommen beginnt die Sachbuch-PR bereits lange bevor die erste Zeile geschrieben ist: Das Buch braucht einen USP, einen herausragenden Titel und ein Cover mit einer eindeutigen Botschaft, um den Buchhandel bereits Monate vor Erscheinen von dem Produkt zu überzeugen. Die PR-Stelle des Verlags ist in diesen Entstehungsprozess von Beginn an involviert, um Ideen einzubringen und Medienkontakte auf das Thema anzusprechen.
Mit Sachbüchern an die Medien zu gehen heißt, Themen und ihre Experten anzubieten und im besten Fall somit einen großen Beitrag mit dem Hinweis auf die aktuelle Neuerscheinung zu bekommen. Kreative PR-Stellen lassen sich verschiedenste Ansätze einfallen, um Geschichten für unterschiedliche Formate und Kanäle zu ermöglichen. Zwischen Verlag und Medien herrscht daher ein Geben und Nehmen; der Verlag beobachtet Trends in den Medien, generiert neue Themen und findet neue Autoren. Umgekehrt beobachten die Medien die Publikationen der Verlage, finden somit spannende Inhalte – und klopfen beim Verlag an, um Autoren für ihre Berichterstattung anzufragen.
Mag. Maria Schlager-Krüger
ist seit 20 Jahren in der Buchbranche tätig, davon seit neun Jahren im Goldegg Verlag als Leiterin der Pressestelle und als Lektorin. Ihre Erfahrung gibt sie auch in Seminaren weiter. www.goldegg-training.com
Mag. Susanne Werner
ist seit 16 Jahren in der PR tätig und sammelte neben der Verlagsbranche auch Erfahrungen im Handel und Veranstaltungsbereich. Als Leiterin der Presseabteilung des Linde Verlags ist sie aktuell in Elternkarenz.
Gemeinsam leiten sie die Regionalgruppe des Arbeitskreises für Verlags-Pressesprecherinnen und -Pressesprecher e.V. (AVP) in Wien. Das Netzwerk für Verlags-PR in Österreich organisiert regelmäßige Treffen für den Erfahrungsaustausch und zur Weiterbildung.
Am 9. Mai 2017 traf sich das Netzwerk im »OBSERVER«-Haus. Nach einer Führung durch das Lektorat wurde über Möglichkeiten von Online-Medienresonanzanalysen für Buchverlage diskutiert.
www.verlagspr.at