Ohne unabhängige und freie Presse wäre auch die Medienbeobachtung sehr eingeschränkt. Das Herzstück dieser Freiheit sind Menschen, die dem Journalismus mutig und täglich ihr Leben verschreiben und dies gehört ausgezeichnet und dafür gibt es Journalistenpreise: Der diesjährige Robert-Hochner-Preis ging an der Ö1-Journalisten Stefan Kappacher. Ernst Sittinger von der Kleinen Zeitung erhielt den Kurt-Vorhofer-Preis. Die starken und angriffslustigen Reden brachten viel Presseecho.
Preisträger Ernst Sittinger über die veränderte Medienlandschaft im Spannungsfeld zwischen dem 1897 gefassten Motto der New York Times „fit to print“ der Druckreife des Qualitätsjournalismus im Gegensatz zum aus ökonomischen Gründen hervorgerufenen „wird schon passen“:
Journalismus als Brotberuf ist strukturell janusköpfig … Freilich: Der Grat zwischen ökonomischer Versuchung und gesellschaftspolitischer Verpflichtung war immer schon schmal. Doch es gibt einen brisanten Unterschied zu früher: Heute wissen wir, was unsere Leser tun. Die Mediennutzung des breiten Publikums, früher überwiegend Gegenstand von Vermutungen, ist durch die elektronische Rückkoppelung gläsern geworden.
Die diesjährige Verleihung des Robert-Hochner-Preis und der Auszeichnung für den Print-Bereich, des Kurt-Vorhofer-Preises, entfachte eine zu einem großen Teil politisch dominierte Diskussion und erhielt sicher auch aus diesem Grund viel Resonanz auf Twitter, namhafte Journalisten des Landes meldeten sich zu Wort; die Diskussion über die Finanzierung des ORF wurde weiter angestoßen. Die beiden Journalistenpreise würdigen einen kritischen und politisch unabhängigen Journalismus als wertvollen Beitrag für die Demokratie. Beide Preise werden in Kooperation mit dem Verbund vergeben und sind mit je 7.500 Euro dotiert.
Ö1-Journalist Stefan Kappacher gilt bereits seit vielen Jahren als ein sehr kompetenter Politikjournalist. Grund für die Verleihung des Robert-Hochner-Preises war insbesondere seine Arbeit an seinem neusten Projekt dem Ö1-Medienmagazin #doublecheck. Ohne Team, keine fundierten Sendungen. Daher würdigte Stefan Kappacher in seiner Ansprache gleich zu Beginn auch seine Kolleginnen Nadja Hahn und Rosanna Atzara, sowie seinen Chefredakteur Hannes Aigelsreiter.
Leute. Hier meine Hochnerpreis-Rede auch auf dem Radioblog. #servicetweet https://t.co/Jy7gFB2ZFu
— Stefan Kappacher (@KappacherS) 22. Mai 2018
Stefan Kappacher betont in seiner Rede die Kontrollfunktion des Journalismus und bläst damit weiter ins Anti-FPÖ Horn, das die ganze Verleihung hindurch deutlich zu vernehmen war:
Norbert Steger hat im Interview zu mir gesagt sie dürfen auch kritisch sein. Das ist sehr freundlich aber es ist falsch, denn wir müssen kritisch sein. Deshalb haben wir auch die Akzeptanz beim Publikum mit den Ö1-Journalen.
Das Netz antwortete und beglückwünschte, von der Vorjahrespreisträgerin Corinna Milborn, bis hin zu den bekannten Journalisten des Landes:
herzlichen Glückwunsch an @KappacherS zum Hochner-Preis! Ich konnte leider wegen einer Sendung nicht dabei sein, werfe Blumensträuße aus der Ferne.
— Corinna Milborn (@corinnamilborn) 22. Mai 2018
Kann man die Reden von @KappacherS und @ErnstSittinger zum Hochner- bzw. Vorhofer-Preis bitte als Pflichtlektüre an Journalismus-Studierende verteilen:https://t.co/OB4FbOgRRV
— Armin Wolf (@ArminWolf) 23. Mai 2018
Solange es mutige Menschen, die dazu noch Journalisten sind, wie @KappacherS gibt, ist man selbst auch gleich wieder um ein Stück mutiger. Weltklasserede!!! https://t.co/STcPguWqwK #roberthochnerpreis
— Nina Hoppe ?? (@hoppenina) 22. Mai 2018
Ernst Sittinger, Redakteur der Kleinen Zeitung, wurde mit Kurt-Vorhofer-Preis geehrt. Die Auszeichnung wird im Andenken an den langjährigen Leiter der Wien-Redaktion der „Kleinen Zeitung“ vergeben und würdigt innenpolitischen Journalismus. Aus der Begründung: „Er ist einer wenigen Journalisten, die das Essay, die fundierte inhaltliche Auseinandersetzung des Autors mit einem Thema, pflegen. Dabei beweist Sittinger hohes Sprachbewusstsein. Er ist ein Feuilletonist „der alten Schule“.“, „Immer beweist er hohe Reflexionsfähigkeit und zudem grundsätzliche Skepsis. Er schreibt dabei mit feiner Ironie, die aber nie ins Zynische oder Destruktive abdriftet.“
Die diesjährige von der Journalistengewerkschaft ernannte Jury bildeten Wolfgang Anzengruber, Antonia Gössinger, Sibylle Hamann, Michael Jungwirth, Michael Sprenger, Barbara Tóth, Paul Vécsei, sowie Astrid Zimmermann.
Der Preisträger Ernst Sittinger über die Zielkonflikte der Medien/Wirtschaft:
Medien haben eine vornehme staatspolitische Funktion: Sie sollen die Macht kontrollieren und den offenen Meinungsaustausch einer bürgerlichen Öffentlichkeit ermöglichen. Aber Medien sind andererseits auch kommerzielle Wirtschaftskörper. Sie verkaufen ihre Informationsdienstleistung an Leser und die solcherart gebündelte Aufmerksamkeit an die Werbewirtschaft.
Die beiden in der Hofburg verliehen Auszeichnungen würdigten zwei, die dem klassischen „Check, Re-Check, Double Check.“-Prinzip treu sind und die zudem in einer Zeit der Ungenauigkeit, Genauigkeit in ihre Berichterstattung bringen.
Sie widerstehen der wie der Kurt-Vorhofer-Preisträger ausführt der Versuchung, denn:
Der Druck der ständigen Rückmeldung von Nutzerquoten hat eine deformierende, ja korrumpierende Kraft. Stetig wächst die Versuchung, journalistische Standards umstandslos über Bord zu werfen.
Ernst Sittinger über Möglichkeiten und Fluch der Maschinen, die „präzise über bis zur Schmerzgrenze“ sind und unerbittlich aufzeichnen, welche Storys journalistisch ‚funktionieren‘ und welche in ungelesener Schönheit verwelken“:
Das Internet hat uns fantastische neue Möglichkeiten gebracht, aber eben auch eine Verschiebung des Wettbewerbs in Richtung „Schneller, lauter, ungenauer“.