Allen Unkenrufen zum Trotz setzt der Nachwuchs laut Kinder-Medien-Studie weiterhin auf Gedrucktes, Telefonie und Fernsehen und nicht ausschließlich auf mobile Vergänglichkeit. Kinder dürfen mit Gedrucktem schon viel früher selbstständige Konsumentscheidungen treffen, so wird der Umgang mit Zeitschriften wird schon früh erlernt. Auch der Besitzwunsch, Freizeitgestaltung mit Medien, Freiräume, Verwendung des Taschengeldes und andere beschäftigten die neue Studie sechs deutscher Verlage.
Gedrucktes Vertrauen: Offline dürfen viele Kinder schon früh selbstständig Konsumentscheidungen treffen, online kontrollieren Eltern länger, was heruntergeladen und angesurft wird.
Print wirkt: Eltern bewerten Kindermagazine positiver als andere Medien. Sie sehen in ihnen eine „sinnvolle Beschäftigung“, bei der Kinder etwas lernen können.
Digital ist attraktiv, aber: 72 Prozent aller deutschen Kinder zwischen vier und 13 Jahren lesen auch 2017 privat noch mehrmals pro Woche von Papier.
Der Reiz des Gedruckten: Kinderbücher und -magazine erreichen mehr Sechs- bis 13-Jährige als YouTube und Spielekonsolen.
Frühe Ungleichbehandlung: Bereits zwischen vier und 13 Jahren haben Jungen mehr Geld zur Verfügung als Mädchen. Beide Geschlechter investieren in Süßigkeiten und Lesestoff.
Zusammen offline statt allein online: Kinder lieben es nach wie vor, mit Freunden im Freien zu spielen und mit der Familie aktiv zu sein.
Seiten umblättern statt auf Touchscreen und Tastatur tippen. 72 Prozent aller deutschen Kinder zwischen vier und 13 Jahren lesen auch im digitalen Zeitalter mehrmals pro Woche von Papier. Das geht aus der Kinder-Medien-Studie 2017 hervor – der neuen repräsentativen Untersuchung des Medienkonsums und -nutzungsverhaltens von Kindern in Deutschland. Die Ergebnisse wurden heute erstmals von den sechs Medienhäusern Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, SPIEGEL-Verlag und ZEIT-Verlag präsentiert. Für die Studie wurden 1.647 Doppelinterviews mit jeweils einem Kind im Alter von sechs bis 13 Jahren und einem Erziehungsberechtigten sowie 394 Interviews mit einem Erziehungsberechtigten für die Vier- und Fünfjährigen geführt. Die Antworten ergeben ein detailliertes Bild der Lebensrealität der 5,79 Millionen Sechs- bis 13-Jährigen sowie der 1,38 Millionen vier- und fünfjährigen Vorschüler in Deutschland.
Lesen ist noch immer beliebt
Der Studie zufolge schauen 61 Prozent der Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren mehrmals pro Woche in Bücher, 55 Prozent lesen Kinderzeitschriften und Comics. Damit liegt das klassische Lesen gleichauf mit Freizeitbeschäftigungen wie Internet und Apps nutzen (62 Prozent) – und deutlich vor digitalen Unterhaltungsformen wie YouTube (34 Prozent), Spielekonsolen (28 Prozent) oder DVDs und Blu-Rays (15 Prozent). Im Vorschulalter (vier und fünf Jahre) spielen Internet/Apps (4 Prozent) und YouTube (9 Prozent) praktisch noch keine Rolle. Neben Fernsehen (93 Prozent) und Radio (41 Prozent) sind es auch hier vor allem Printmedien wie Bücher (68 Prozent), Kinderzeitschriften und Comics (44 Prozent), mit denen sich der ganz junge Nachwuchs mehrheitlich auseinandersetzt.
Auffällig: Trotz der Konkurrenz durch neue Medien ist „Bücher und Zeitschriften lesen und anschauen“ der Studie zufolge vom Vorschüler bis zum 13-jährigen Jugendlichen bei den Freizeitbeschäftigungen signifikant beliebter als „Digitale Spiele spielen“, „Chatten/Telefonieren“ oder „Filme ansehen“. Erheblichen Anteil am Erfolg des klassischen Lesematerials haben Kinderzeitschriften. Sie erreichen 56,6 Prozent der Vier- bis Fünfjährigen und sogar 71,5 Prozent der Altersgruppe sechs- bis 13 Jahre – insgesamt rund 4,92 Millionen Kinder in Deutschland. Bei den jüngeren Kindern besonders beliebt sind „Benjamin Blümchen“, „Winnie Puuh“ und „Prinzessin Lillifee“. Die Reichweiten-Top-3 der Altersklasse sechs bis 13 Jahre führt „Disney Lustiges Taschenbuch“ an, gefolgt vom „Micky Maus Magazin“ und „Just Kick-it!“.
Eltern vertrauen auf Print
Die Zuwendung zu gedrucktem Lesestoff wird von den Eltern positiv gesehen und gefördert. Im Vergleich zu anderen Medien wie Fernsehen, Internet oder Radio bewerten mehr Eltern Kindermagazine generell als „sinnvolle“ Beschäftigung. Eine große Mehrheit der Eltern ist überzeugt, dass beim Lesen der Zeitschriften der Nachwuchs noch etwas lernen und Inhalte in seinem Tempo aufnehmen kann. Außerdem würde die Kreativität der Kinder angeregt und sie würden motiviert, selbst aktiv zu werden. Den anderen Medien schreiben deutlich weniger Eltern solche positiven Bewertungen zu.
Trotz der Digitalisierung ihrer Welt: Kinder bleiben in ihrer Freizeit auch gerne offline. Sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen werden Aktivitäten wie „Mit Freunden zusammen sein“ und „Im Freien spielen“ bevorzugt genannt. Bei den jüngeren Mädchen (bis neun Jahre) kommen Puppen und Stofftiere als Spielobjekte hinzu, bei den Jungen im gleichen Alter Konstruktionsspielzeuge und Spielfiguren in ihren Spielwelten. Später, zwischen zehn und 13 Jahren, wird für die Jungen „Sport treiben“ relevant, für beide Geschlechter zudem „Chillen und Ausruhen“.
Internet als Teil der Kindheit
Moderne Technik ist dabei Teil des Kinderlebens geworden. 37 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen besitzen bereits ein eigenes Smartphone oder Handy. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen haben 84 Prozent ihr eigenes mobiles Endgerät. Unabhängig vom eigenen Handy verschicken die meisten Zehn- bis 13-Jährigen SMS (61 Prozent) oder WhatsApp-Nachrichten (68 Prozent), wobei die Nutzung dieser Kommunikationskanäle mit zunehmendem Alter steigt. Auf Social-Media-Plattformen wie Facebook ist dagegen nur eine Minderheit (29 Prozent) der zehn- bis 13-jährigen Kinder in Deutschland vertreten.
Obwohl sie mit ihren Freunden übers Handy vernetzt sind, stecken Kinder einen Großteil ihres Taschengelds nach wie vor in Printmedien wie Zeitschriften, Magazine und Comics. Abgesehen von Süßigkeiten, Eis und Knabbersachen gibt es in der Altersgruppe von sechs bis 13 Jahren keine andere Produktgruppe, in die der Nachwuchs mehr vom ersten eigenen Geld investiert. Eines ist sehr interessant. Jungen haben sowohl im Vorschulalter als auch im Alter bis 13 Jahren bereits mehr Geld zur Verfügung als jeweils gleichaltrige Mädchen. Die Summe an „verfügbarem Geld“ (Taschengeld und Geldgeschenke) beträgt bei Mädchen im Vorschulalter monatlich knapp 17 Euro (pro Jahr ca. 202 Euro), bei Jungen dagegen 20 Euro (pro Jahr 241 Euro). Ein Unterschied, der auch in der Altersgruppe von sechs bis 13 Jahren erhalten bleibt: Mädchen bekommen dann pro Monat im Schnitt gut 41 Euro (pro Jahr 497 Euro), Jungen hingegen fast 44 Euro (pro Jahr 526 Euro).
Kinder sind Selbstbestimmer
Was sie tun, wie sie aussehen und wofür sie ihr Geld ausgeben. Ein Großteil der Kinder in Deutschland zwischen sechs und 13 Jahren darf das bereits selbst bestimmen. Dies steht im Gegensatz zum Vorschulalter. Hier werden diese Entscheidungen mehrheitlich noch von den Eltern getroffen. In dieser Altersgruppe geben 74 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen ihr Taschengeld ganz selbstständig aus (95 Prozent bei den Zehn- bis 13-Jährigen). 64 Prozent entscheiden selbst, wie sie ihr Zimmer einrichten (Zehn- bis 13-Jährige: 87 Prozent), 60 Prozent, wie sie ihre Freizeit gestalten (Zehn- bis 13-Jährige: 86 Prozent). Nur bei Kleidung und Style haben die Eltern noch etwas länger ein Wörtchen mitzureden. Hier hat etwa die Hälfte (49 Prozent) der Sechs- bis Neunjährigen die Entscheidungshoheit. Bei den Zehn- bis 13-Jährigen steigt der Anteil auf 82 Prozent.
Wenn es darum geht, was gelesen, geschaut, im Netz angesurft und heruntergeladen wird, behalten sich Eltern länger ein Mitspracherecht vor. Die wenigsten Kinder im Alter von sechs bis neun Jahren dürfen eigenständig Apps downloaden (12 Prozent). Viele dürfen auch nicht ohne Aufsicht im Internet surfen (19 Prozent). Bei Büchern und Zeitschriften hat diese Altersgruppe dagegen schon mehrheitlich (63 Prozent) die Wahl, was sie lesen möchte. Kinder haben nicht nur auf ihren eigenen Konsum zunehmend erheblichen Einfluss. Auch bei Angelegenheiten, die die ganze Familie betreffen – wie Unternehmungen, Supermarktbesuche oder der Auswahl des Urlaubsorts – reden sie mit. Bereits im Vorschulalter (vier und fünf Jahre) dürfen 69 Prozent der Kleinen mitentscheiden. So etwa, wenn es um gemeinsame Freizeitaktivitäten der Familie geht. Diese Mitspracherechte steigen in den meisten Familien mit zunehmendem Alter weiter an. Wenn es um Einkäufe speziell für das Kind geht sind die Kinder häufig die wichtigste Informationsquelle.
Facts zur neue Kinder-Medien-Studie
Die neue Kinder-Medien-Studie der sechs Verlage Blue Ocean Entertainment AG, Egmont Ehapa Media GmbH, Gruner + Jahr, Panini Verlags GmbH, SPIEGEL-Verlag und ZEIT-Verlag hat erstmals untersucht, welche Medien die 7,17 Millionen Kinder zwischen vier und 13 Jahren in Deutschland konsumieren. Die Kinder-Medien-Studie beleuchtet außerdem, wie und wie oft sie diese Medien nutzen. Weiters wird untersucht, wie sie generell ihre Freizeit gestalten. Es wird gefragt, ob esUnterschiede im Online- und Offline-Verhalten gibt und welche Rollen Eltern und Freunde spielen. Die Schlüsselergebnisse der repräsentativen Untersuchung zur Frage „Young Digital Natives – wie digital sind sie wirklich?“ mit über 2.000 Interviews.
Grundgesamtheit: 5,79 Mio. deutschsprachige Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren
1,38 Mio. deutschsprachige Kinder im Alter von 4 bis 5 Jahren
Stichprobe: 1.647 Doppelinterviews ‚6-13 Jahre‘ (jeweils ein Kind und ein Erziehungsberechtigter)
394 Interviews mit einem Erziehungsberechtigten für die 4- bis 5-Jährigen
Stichprobenverfahren: Quoten-Verfahren
Erhebungsmethode C.A.P.I./C.A.S.I.
Feldzeit 13. Februar bis 9. April 2017
Methodische Betreuung/Federführendes Institut: Czaia Marktforschung GmbH, Bremen – Immediate Software GmbH, Bremen
Feldinstitute: KRÄMER Marktforschung GmbH, Münster
Marplan Media- und Sozialforschungsgesellschaft mbH, Offenbach am Main