Das österreichische Nachrichtenmagazin „Profil“ bezeichnete Richard Lugner als den 90-jährigen mit dem höchsten bekanntheitsgrad unter Teenager:innen. Wie es dazu kam, sich vom Baumeister in eine prominente Persönlichkeit zu verwandeln, verriet Lugner 2023 im Interview mit »OBSERVER« Geschäftsführer Florian Laszlo.
Interview: Florian Laszlo Text: Stephan Ifkovits
Lieber Herr Lugner, wann haben Sie beschlossen, als Person in das öffentliche Rampenlicht zu treten?
Ich hatte zuerst eine HTL-Ausbildung mit dem Schwerpunkt Hochbau abgeschlossen, war jahrelang bei einer Baufirma und anschließend bei der Mineralgesellschaft Mobil. Bei der Baufirma hatte ich vor allem die Aus- und Durchführung erlernt. Bei der Mobil lag das Augenmerk auf der Werbung, die von
Amerika aus streng reglementiert wurde. Diese Zeit hat mich sehr geprägt. Später
gründete ich meine eigene Baufirma und mit dem Bau der Moschee („Islamisches
Zentrum Wien“, Anm.d.Red.) trat ich das erste Mal im größeren Ausmaß in die
Öffentlichkeit. Für mich als Unternehmer war es dabei wichtig, immer den typischen Lugnerschriftzug beizubehalten. Bei mir steht immer nur Lugner und wer nicht weiß, wer Lugner ist, hat Pech gehabt. Auch auf meinen Baustellen in Wien hatten
die Bauleiter:innen strengste Anweisungen. Auf jeder musste eine beschriftete Lugner-Tafel quer zur Fahrbahn stehen. Jeder sollte sehen, dass das eine
Baustelle vom Lugner ist. Mir ging es mehr um den Erfolg als darum, Geld zu
verdienen. Daher wollte ich primär interessante Bauten an gut besuchten Orten
erschaffen.
Das heißt, Sie haben für eine Baustelle an einem prominenten Ort auch einmal weniger verlangt, da Sie die Werbewirkung mitbedacht haben?
Durchaus. Zum Beispiel hatte die Österreichische Erste Bank den Bau von drei
Filialen ausgeschrieben, darunter eine auf der Kärntnerstraße. Diese Filiale
wollte ich unbedingt bauen, obwohl die anderen profitreicher gewesen wären.
Den Bauauftrag habe ich bekommen und die Österreichische Erste Bank hat nach
der Fertigstellung die Kärntnerstraße als Filiale groß beworben.
Also hat es sich ausgezahlt?
Ja, aber das A und O in der Werbung ist die Einheitlichkeit. Als ich damals als
Schriftart Antiqua haben wollte, konnte das kaum eine Druckerei umsetzen. Man
meinte, dass diese Schriftart zu altertümlich sei. Daher habe ich es selber gezeichnet und seitdem immer verwendet. Heute kommt Antiqua wieder bei vielen Firmen vor. Nur so wird man wiedererkannt. Eines meiner Lastautos wurde letztens mit weißem Hintergrund und roter Schrift gestrichen. Das ist nicht mein Design. Ich habe es ändern lassen. Ich ziehe das beinhart durch. Momentan gibt es noch zwei falsch beschriftete Autos, die werden demnächst aber auch korrigiert. Wegen meines einheitlichen Vorgehens bin ich bekannt geworden.
Es geht Ihnen also um die konsistente und einfache sowie prägnante Markenführung. Es ist immer der weinrote Hintergrund mit dem weißen Schriftzug und keine Details. Doch diese Strategie geht nur auf, wenn man weiß, wer Sie sind. Wie haben Sie es geschafft, der bekannte Richard Lugner zu werden, noch bevor Sie von 1975 bis 1979 die Moschee gebaut haben?
Bevor ich die Moschee gebaut habe, war ich kaum bekannt. 1962 habe ich meine Baufirma eröffnet. Vor meinem ersten Auftrag bat ich meine Frau, ein Lastauto zu kaufen. Sie meinte, dass ein Lastauto beim ersten Auftrag noch nicht notwendig sei. Meine Devise ist: Eine Baufirma ohne Lastauto gibt es nicht. Also nahmen wir ihren Dienstwagen, eine VW Pritsche, in rot natürlich. Zuerst haben wir nie große Arbeiten übernommen, nur kleine mit Qualitätsansprüchen. Dadurch hatten wir bald den Ruf, qualitativ hochwertig zu sein. Als der Erfolg kam, habe ich mich vom Bauleitersein verabschiedet und mich auf die Chef-Position konzentriert. Die Firma wuchs schnell und im August 1963 – neun Monate nach der ersten Baustelle – hatte ich bereits neun Leute, mit denen ich auf Betriebsausflug zum Wörthersee fahren konnte.
Sie haben also bereits in Ihrem ersten Jahr einen Mitarbeiter:innenausflug unternommen. Heutzutage würde man dazu Employer-Branding sagen. Wie haben Sie die Baufirma Lugner als Arbeitgeber positioniert?
Ich war ein sehr beliebter Arbeitgeber. Ich habe keine Leute gebraucht, die schnell waren, sondern die qualitativ arbeiten. 15 bis 20 Jahre nach der Firmengründung habe ich begonnen, jedes Jahr im Sommer ein Flugzeug zu chartern. Ich bin mit meinen Mitarbeiter:innen nach Istanbul, Petersburg, Paris, Moskau oder Tunesien geflogen. Noch heute kommen ehemalige Mitarbeiter:innen zu mir und schwärmen, dass das die schönste Zeit ihres Lebens war. Ein Mitarbeiter war bei mir 42 Jahre, bis er in Pension gegangen ist.
Bei den Mitarbeiter:innen beliebt zu sein, war also auch Teil Ihres Erfolgskonzepts?
Ja, dazu hat mich mein Vater inspiriert. Er war Rechtsanwalt und hat einmal mit seinen Mitarbeiter:innen einen einwöchigen Ausflug unternommen. Das war damals in Deutschland im Jahr 1939. Sie müssen wissen, dass Deutschland unser gemeinsames Heimatland war, da die Lugners aus dem Sudetenland kommen. Sie sind über München und Hamburg wieder nach Wien zurückgekehrt.
Mit der Moschee ist die Person Richard Lugner in die Öffentlichkeit getreten. Damals gab es einen großen Aufruhr. Diesen haben Sie genutzt und auf Ihre Autos „Wir bauen nicht nur Moscheen“ geschrieben.
Richtig, wir waren auf den Bau der Moschee sehr stolz. Während der Bauarbeiten habe ich das erste Mal Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Ich war als einziger Nicht-Botschafter Teil eines Gremiums mit lauter akkreditierten Botschafter:innen in Österreich. Das habe ich für mich genützt. Während wir das Minarett mit einem Kran aufgesetzt haben, lud ich alle Botschafter:innen zu einer großen Feier ein. Ein halbes Jahr später, als das Kuppeldach fertig war, gab es wieder ein Fest und eine riesige Eröffnung. Unter den Gästen waren Bundespräsident Kirchschläger, Bundeskanzler Kreisky und Bürgermeister Gratz. Da ich mich gut mit den Botschafter:innen verstanden habe, hielt ich weiters ein- bis zweimal im Jahr eine Operettensoiree ab. Zu diesen Anlässen sangen Birgit Sarata, Harald Serafin, Mirjana Irosch und Peter Minich. Auch hier zählte ich die Botschafter:innen zu meinen Gästen. Damals war ich stolz darauf, dass vier oder fünf Polizist:innen bei meinem Fest im Einsatz waren, um die Botschafter:innen zu überwachen.
Diese Zeit kann man als Ihren Einstieg in das Eventmanagement bezeichnen?
Ja. Später hielt ich sogar Faschingsfeste für meine Kund:innen ab. Aber es gefällt nicht jeder Person, sich zu verkleiden. Heute veranstalte ich nur noch den Jahrestag der Lugner City, kombiniert mit meinem Geburtstag.